Begegnungen

Auf unserer Reise sind wir ziemlich vielen Menschen begegnet. Die meisten waren nett, aber es gab auch Ausnahmen. Gehen wir mal zurück zum Ballenberg: Die Menschen dort waren alle nett, wenn man sie angesprochen hat. Ich wollte zum Beispiel wissen, wo ich die nächste Toilette finde oder aus welcher Zeit dieses Haus stammt. Ich fragte und bekam eine hilfreiche Antwort.

Unseren nächsten Schlafplatz hatte Frau Petri schon gesichert beim Hof Maiezyt in Habkern. Dort blieben wir eine Nacht und durften auch die Toilette und Dusche benutzen. Dann sind wir weiter nach Herzogenbuchsee, dort haben wir unseren Platz neben der Sporthalle gefunden. Wir fragten den Bademeister vom Schwimmbad nebenan und er sagte uns, dass es in Ordnung gehen würde, wenn wir ein paar Tage dort bleiben. Er musste nicht den Eigentümer oder den Hausmeister der Sporthalle fragen, denn für ihn war klar, dass sie nichts dagegen haben würden. Sie liessen sogar die Turnhalle nachts für uns offen. So etwas nennt man Vertrauen! Auch die anderen Leute aus Herzogenbuchsee waren sehr freundlich, vom Gemeindepräsident bis zu Spaziergängern.

Wir reisten dann weiter ins Tessin. Wieder dasselbe: jemanden von der Gemeinde gefragt -und schon hatten wir einen Stellplatz auf dem Pausenhof und den Zugang zu Duschen und WCs.

An unseren  nächsten paar Orten waren wir ein wenig frech, denn wir stellten uns einfach dorthin, wo wir eine Nacht bleiben wollten oder dort, wo wir waren, wenn es dunkel wurde. Im Wallis oberhalb eines Campingplatzes, in Lutry direkt am Genfersee mitten im Hafen zwischen Booten. Der Clubmeister dort meinte nur: «Wenn es niemanden stört und ihr keinen Abfall hinterlasst, ist das schon o.k.»

Danach fanden wir einen wunderschönen Platz direkt am Neuenburgersee mit Lagerfeuer, fischen, schwimmen, Nieselregen inmitten von Villengrundstücken. Auch hier kam jemand am Morgen vorbei und warnte uns freundlich, dass alle zwei Wochen hier Bussen verteilt würden. Wir hatten aber Glück… Vom See sind wir weitergefahren zur nächsten positiven Begegnung in la Chaux-de-Fonds bei einem Bed and Breakfast ausserhalb des Dorfes, dort fragten wir, ob es in Ordnung wäre, wenn wir eine Nacht bleiben würden. Die nette Dame bejahte und hat uns sogar ein Klosett im Haus zur Verfügung gestellt.

In Dornach kam es zur ersten unangenehmen Begegnung. Wir waren am Abend beim Goetheanum und haben uns spontan das Theater «Wir leben ewig» angesehen. Es war richtig schön und wir wollten den Abend ausklingen lassen. Eigentlich hatten wir vorgehabt, noch weiter zu fahren, doch weil wir das Theater besucht hatten, war es schon dunkel und niemand mehr da zum Fragen, ob wir bleiben dürften. Der Wagen war schon aufgestellt und wir wollten ins Bett. Doch was passierte, als wir schlafen gehen wollten? Ja genau, wir wurden weggeschickt. Sie haben gesagt, dass Campieren auf dem Gelände verboten sei und sie keine Ausnahme machen könnten. So mussten wir, nachts um halb zehn, alles wieder zusammenräumen und einen neuen Platz suchen. Irgendwann ist immer das erste Mal.

Am nächsten Morgen wurden wir in Gempen auch sehr barsch darauf hingewiesen, dass wir schnellstmöglich weiterziehen sollten. Das Leben und unsere Reise gehen zum Glück weiter.

Am Zürichsee haben wir zu Fuss nach Stellplätzen gesucht. Wir sind von Rüschlikon am See entlang bis Kilchberg gelaufen. Dort haben wir Trockenplätze für Boote gesehen, von denen zwei leerstanden. Wir gingen also zur Gemeinde, erzählten der verantwortlichen Dame von unserem Projekt und haben den Platz und eine polizeiliche Genehmigung zum Übernachten bekommen. Am nächsten Morgen wachte ich mit Blick auf den See auf und las ein wenig, als plötzlich eine circa 60 Jahre alte Dame Herrn Petri entsetzt fragte, was das Ganze (unser Wagen mit schlafenden Kindern) solle. Sie fragte, warum wir da auf ihrem Bootsplatz stehen würden, sie hätte den Platz noch bis Ende des Jahres gemietet, auch wenn sie kein Boot mehr darauf stehen habe. Sie betitelte unser Projekt als eine Katastrophe und sagte, wir sollen alle im See baden gehen.

Als schönen Abschluss durften wir in Brülisau im Appenzell direkt am ehemaligen Standort des Ballenberghauses unser Camp aufstellen. Der Bauer stellte uns die Wasserleitung an und organisierte für uns ein Treffen mit seinem Vater, dem das Haus als letztem gehörte. Der Vater war schon über 90 Jahre alt und zeigte uns Fotos und erzählte über die Geschichte und schliesslich den Verkauf des Hauses an den Ballenberg.

Unser Projekt scheint sehr unterschiedliche Reaktionen in den Menschen hervorzurufen. Von Neugier über Ablehnung bis zu heller Begeisterung. Bei neuen Ideen oder Projekten scheiden sich eben die Geister.

 

Text von David